Schnecke aus Norwegen unabsichtlich importiert

[Norway]

Hallo an das Schneckenforum,
ich komme mit einem Schneckenproblem zu euch - vielleicht könnt ihr mir einen Rat geben.

Bei einem wunderschönen Urlaub in Norwegen haben wir am Strand Muscheln und Schneckenhäuser gesammelt. Völlig ahnungslos alles im Flugzeug mit nach Wien geschleppt. Zuhause aufgebreitet, liegenlassen, überlegt, was damit zu tun wäre. Und dann, nach mehreren Tagen: Ein Schneckenhaus liegt plötzlich völlig abseits, bei näherem Betrachten zeigt sich eine eingetrocknete Schleimspur
Das arme, tapfere Tier zuerst in eine Plastikdose mit etwas feuchtem Grünzeug, das ich zum Glück für meine Vögel bereit hatte, gepackt und abgewartet. Bald hat sich die kleine Bewohnerin gezeigt. Ich bin wirklich völlig ahnungslos, was Schnecken betrifft, zuerst hatte ich Angst, eine Meeresschnecke erwischt zu haben - war ja zwischen Muscheln gefunden worden.
Das scheint zum Glück nicht der Fall zu sein, nach hektischer Anfänger-Recherche könnte es eine Art Schnirkelschnecke sein.
Jetzt, wiederum einige Tage später, sitzt sie in einem kleinen Plastik"faunarium", auf einer Schicht Terrarienerde mit Kalk, hat kleine Haselnussäste zum Klettern, Wegerich und Löwenzahn zum Verstecken (verschmäht alle Blätter bisher) und frisst ganz ordentlich Gurke.
Also bis jetzt haben wir sie über die Runden gebracht, ohne wirklich zu wissen, was sie braucht, was ihr wirklich gut tut.

Das größere Problem aber: Wie soll es weitergehen? Eigentlich bin ich der Meinung, dass ein Wildtier in der Natur am besten ausgehoben ist - aber ist es zu verantworten, eine Schnecke aus Norwegen in Ost-Österreich auszusetzen? Vermutlich sind die Überlebenschancen auf freier Wildbahn ohnehin nicht sehr groß, aber klimatisch ist da doch ein Unterschied, kann sie das schaffen? Kann es ein ökologischen Problem geben, wie immer wieder mit verschleppten Arten?
Wenn wir sie nicht aussetzen - ist das überhaupt vertretbar, wie organisiert man den Winterschlaf, usw.?
Emotional fällt es mir inzwischen schwer, die Kleine auf freien Fuß zu setzen, mit sehr unbestimmter, wahrscheinlich nicht allzu chancenreicher Zukunft - aber, wie gesagt, ich denke, für die Schnecke wäre es das Beste...

Wie schätzt ihr das ein? Was würdet ihr tun?

Danke schon im Voraus und liebe Grüße aus Wien

[FleckiFleck]

Hallo,

Ein Foto von der Schnecke wär' toll!
Damit könnten wir dir auch sagen um welche Art es sich handelt.

Flecki

[Norway]

Hallo Flecki,

ok, werd ich am Abend versuchen.

Die kleine Norwegerin hat ein hellbraunes Gehäuse mit dünkler braunen Flecken - aber klar, ein Foto würde helfen Schauen wir mal, ob ich die Technik bewältige...

[Inch]

Hallo Norway,
herzlich willkommen im Forum!
Also hier aussetzen würde ich bedenklich finden. Es gibt hier auch ein paar Artikel darüber, dass man Schnecken nicht in fremde Populationen setzen sollte, da diese ein anderes Immunsystem mitbringen. Natürlich ist die Freiheit am schönsten für Schnecken aber mit Aussetzen tust Du ihr keinen Gefallen. Ich halte auch einige Schnecken und ein paar von ihnen waren ein unfreiwilliges Geschenk aus Kreta... ein Foto wäre super zur Bestimmung. Braun mit Punkten klingt fast nach Baumschnecke oder sogar Cornu. Solltest Du sie nicht behalten wollen, dann findest Du sicher übers Forum neue Schneckeneltern. Hier sind auch einige Schneckenfreunde aus der Wiener Gegend(wie ich zum Beispiel ).
LG,
Inch

[Norway]

So, ich versuche es mit einem Foto:

[Norway]

Danke für das Willkommen, Inch.

Die kleine Norwegerin ist sehr ruhig, wechselt zwar ab und zu die Position, hängt aber praktisch den ganzen Tag "upside down" an einem Ästchen oder Blatt. Nachts knabbert sie an der Gurke. Versucht haben wir auch Löwenzahn, Spitzwegerich, Brennnessel, Kohlrabiblätter, Karotte - bisher hat sie nur die Gurke als Futter angenommen. Vielleicht am ersten Tag den Knöterich, ich glaube, da habe ich sie mümmeln gesehen, aber da muss sie völlig ausgehungert gewesen sein.

[Inch]

Da warte ich mal Wolfs Expertise ab. Evtl wirklich Baumschnecke? Wie groß ist sie denn?
Süßkartoffeln mögen meine gerne. Und einige stürzen sich regelrecht auf Baumrinde und Äste mit Flechten drauf. Vlt kannst Du Rinde oder Äste in der Umgebung finden? Blätter werden auch von einigen gemocht. Bei mir mag komischer Weise keine Schnecke wirklich Löwenzahn...
LG,
Inch

[Norway]

Das Gehäuse ist im Durchmesser vielleicht wie ein 2-Cent-Stück. Beim Herumsuchen bin ich auch auf die Baumschnecke gekommen, aber sie hat keinen weißen Saum am Gehäuse. Sie ist inzwischen ins Burgenland übersiedelt, dort kann sie besser mit Frischem aus dem Garten versorgt werden und es ist auch nicht so heiß wie in meiner Wohnung. Danke für die Tipps, Flechten lassen sich sicher auftreiben

[wolf]

Hi an alle,
oh Hilfe, ich habe nicht mehr Ahnung als alle anderen hier auch, aber: gemeinsam sind wir stark..........
Artbestimmungen allein anhand eines einzigen Bildes sind immer schwierig. Außerdem habe ich das dumpfe Bauchgefühl, dass das Tierchen noch nicht ausgewachsen ist. Ziemlich sehr sicher bin ich, dass die dunkle Zeichnung auf dem Weichkörper ist und nicht in/auf der Schale (die Zeichnung scheint also nur durch die Schale hindurch). Damit scheidet (für mich) Arianta arbustorum aus.
Meine Vermutung geht ganz vage in Richtung Fruticicola fruticum, die in Norwegen nicht übermäßig häufig vorkommt, aber durchaus dort lokal vertreten ist. Das ist aber nur eine Hypothese und keine solide Bestimmung.
Wenn das Tierchen noch etwas größer geworden ist, brauchen wir die Gehäuse-Breite (in mm), Angaben über die Breite und Ausprägung des Mundsaumes und (ganz wichtig!) eine Ansicht des Häuschens von unten, um den Nabel beurteilen zu können (falls vorhanden).
Ich muss mich also leider momentan noch etwas bedeckt halten; ich will hier nicht über sieben ansonsten noch in Frage kommenden Arten herumspekulieren. Wir brauchen einfach noch mehr Infos.
Liebe Grüße: wolf

[Norway]

Hallo Wolf, danke für deine Einschätzung. Das klingt ziemlich kompliziert - im Moment kann ich nur sagen, dass der Körper nicht gefleckt, sondern einfarbig, eher dunkel ist. Die Fühler sind noch etwas dünkler, fast schwarz.

Wenn ich das so lese, seid ihr euch einig, dass wir sie nicht aussetzen sollten? Ich hätte jetzt "Schneckenwetter" abgewartet - zur Zeit ist es hier noch heiß und sehr trocken - und sie dann freigesetzt, damit sie in den Winter gehen kann… Muss eine norwegische Schnecke nicht Winterruhe halten? Geht das überhaupt in beheizten Räumen? Wie kalt müsste es sein?

[Inch]

Hallo Norway,
Ja, ich würde sie nicht aussetzen.
Mit Strauchschnecken habe ich keine Erfahrung. Bei meinen Schnecken reicht ein kühlerer Raum bzw kann man sie sicher auch in den Keller stellen. Gibt es die Option?
Vlt findet sich hier noch jemand mit einschlägiger Erfahrung.
LG,
Inch

[Norway]

Hallo liebes Forum,

hier kommen noch ein paar Fotos - hoffentlich könnt ihr damit mehr anfangen. Etwas erdig ist sie hier, die Kleine. Ich glaube inzwischen, dass Wolf recht hatte - eine genabelte Strauchschnecke?
Schaut mal:

[wolf]

Huhu Norway,
danke für die guten Fotos. Da kann man jetzt deutlich mehr erkennen. Die Färbung ist nicht ganz typisch für Fruticicola fruticum (der Mantel ist da meist etwas heller), aber ich bleibe trotzdem erst mal bei meiner Hypothese. Mit einer Lupe müsste man sehr feine, leicht wellige Spiralstreifen erkennen können. Das ist immer der enorme Vorteil, wenn man die Tierchen vorsichtig in die Hand nehmen kann und nicht nur Fotos hat.
Viele Grüße: wolf

[Norway]

Ah, vielen Dank, Wolf!

Darf ich dich noch mit Fragen löchern? Wie erkennst du, dass die Färbung nicht auf dem Gehäuse ist? Der Körper ist ja nicht gefleckt - wo sitzt die Zeichnung? Wo müssten die Spiralstreifen zu sehen sein? Was ist der "Mantel"? Sorry, ich bin noch sehr am Anfang...

Liebe Grüße aus Wien!

[wolf]

Juhu Norway,
ja, puh, wie erkenne ich, dass die Farbstoffe auf dem Weichkörper sind und nicht auf/in der Schale? Das ist bei mir so eine Erfahrungs- und Bauchsache. Bei vielen europäischen Arten kenne ich die Schalenfärbung und die Färbung der Weichteile und weiß, wo was sitzt. Viele Farbstoff-Zeichnungen gibt es in der Schale auch gar nicht, sondern nur auf den Weichteilen (zumindest bei den europäischen Arten). In Deinem Fall kenne ich keine europäische Art, deren Schale so eine Zeichnung hat.
Der Mantel gehört zu den Weichteilen, befindet sich im Gehäuse, erscheint normalerweise also gar nicht "draußen" und umschließt die inneren Organe (Lunge, Niere, Herz usw.). Zu Tarnungszwecken ist der Mantel oft pigmentiert (was dann durch eine dünne Schale hindurchscheint), damit man auf dem Boden nicht so deutlich auffällt. Es wird also vom Schneckchen das Signal gesendet: "Ich bin gar nicht da.......". Der vordere Rand des Mantels dicht an der Mündung bildet die Schale - dort wächst also das Häuschen (das ist dann der "Mantelrand" oder die "Mantelkante").
Die Spiralstreifen sind (wenn sie denn überhaupt da sind) an der Oberfläche des Häuschens und an vielen Stellen zu sehen. Einfach mal mit einer Lupe die Oberfläche der letzten Windung (vorne zur Mündung hin) genau beäugen.
Liebe Grüße: wolf