Selbstbefruchtung

Hier dreht sich alles um den Nachwuchs.

Selbstbefruchtung

Beitragvon Willi am 09.08.2019, 19:02

Hallo zusammen.
Bei uns ist etwas unglaubliches passiert! Ich kenne mich nicht besonders gut aus mit Schnecken muss ich vorausschicken. Meine Tochter hat vor ca. 1,5 Jahren eine frisch geschlüpfte Achatschnecke von ihrer Babysitterin geschenkt bekommen. Sie war immer alleine und hatte nie Kontakt zu anderen Schnecken. Wie gesagt, sie war frisch geschlüpft als wir sie bekamen, noch zusammen mit der Eierschale. Nun waren wir im Urlaub, und als wir wiederkommen hat sie viele viele Eier gelegt. Es sind auch bereits zwei Babys geschlüpft. Den Rest habe ich eingefroren. Naja, weil es so spannend ist, haben wir noch zwei Eier behalten.ich fand es so unglaublich, dass ich gegoogelt habe und bin auf dieses Forum gestoßen. Hier habe ich gelesen, dass Selbstbefruchtung nicht möglich sei. Es ist aber definitiv bei uns so passiert! Sie lebt in Isolation, ich weiß, dass findet ihr bestimmt schrecklich, aber so ist es! Nun hat sie Babys. Wirklich! Also, es geht doch! ein Wunder. Wir sind gespannt, wie sich die Kleinen entwickeln. Sie kleben schon an einer Gurke - sehr sehr niedlich.
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Re: Selbstbefruchtung

Beitragvon Rasplutin am 09.08.2019, 19:32

Hallo,
ich kenne mich mit Achatschnecken nicht aus, bei manchen Arten scheint aber eine Selbstbefruchtung durchaus möglich zu sein:
viewtopic.php?f=5&t=26062&p=304314#p304314

Wenn du das bei einer Weinbergschnecke (Helix pomatia) beoabachtet hättest, würde ich tatsächlich von einer Sensation sprechen!
Bei manchen Achatschneckenarten ist es aber wohl nicht ungewöhnlich.
Ich bin sicher, dazu wird dir demnächst ein Achatspezialist mehr sagen können.
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Re: Selbstbefruchtung

Beitragvon Cambria am 10.08.2019, 10:28

Hallo,

Tja, doch, es ist durchaus möglich, dass Achatschnecken sich ungeschlechtlich fortpflanzen. Es ist aber keine Selbstbefruchtung im Sinne von "sie benutzt ihren eigenen Penis und..." sondern Ei- und Samenzellen verschmelzen im Geschlechtsorgan und bilden sogenannte haploide Nachkommen (also Nachkommen mit einfachem Chromosomensatz)

So viel zu den biologischen Grundlagen. Ich kann aber leider nicht umhin, auch auf den Grund dafür zu sprechen zu kommen: Eine Schnecke in Einzelhaltung ist MASSIVE Tierquälerei. Haploide Fortpflanzung entsteht durch die "Verzweiflung" keinen Artgenossen zu finden - man muss das nicht künstlich vermenschlichen, aber Fakt ist, eure Schnecke leidet. Bitte informiert euch gründlich über die Haltungsbedingungen und zieht auch in Erwägung, euch adoleszente Artgenossen dazu zu holen, falls eure Babys es nicht schaffen.
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Re: Selbstbefruchtung

Beitragvon wolf am 10.08.2019, 10:42

Hallo Cambria,
vielen Dank für Deinen interessanten Beitrag.
Es tut mir leid, aber ich verstehe leider die ersten beiden Zeilen Deines Beitrages nicht. Kannst Du das vielleicht noch ein wenig erläutern?
Hintergrund: wenn Ei- und Samenzelle ein und desselben Tieres miteinander verschmelzen, dann ist das ein Sonderfall einer geschlechtlichen (nicht einer ungeschlechtlichen) Vermehrung (Autogamie).
Bei einer Verschmelzung von Ei- und Samenzelle (egal, ob die Keimzellen von einem oder von zwei Tieren geliefert wurden) ist die Nachkommenschaft nicht haploid, sondern wie üblich diploid (weil ja zwei Chromosomensätze zusammengekommen sind). Ansonsten müsste ja eine der beiden Keimzellen überhaupt keine Chromosomen besessen haben.
Aber vielleicht habe ich Dich einfach nur falsch verstanden............ .
Herzliche Grüße: wolf
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Re: Selbstbefruchtung

Beitragvon Cambria am 11.08.2019, 09:09

Hi wolf,
Ich hatte dazu neulich einen sehr interessanten Artikel in den Fingern und finde ihn jetzt nicht mehr, so ein Mist! Da wurde tatsächlich von haploiden Nachkommen gesprochen. Ich suche mal gründlich und melde mich nochmal. Ob das dann tatsächlich stimmt - da bist du eher der Experte! Würde mich auf jeden Fall interessieren, das nochmal auseinander zu nehmen.


Edit: Du hast Recht, ich hab mich verlesen. Bitte ignoriert das mit den haploiden Nachkommen. Der Teil des Quelltextes bezog sich darauf, dass bei manchen Schneckenarten haploide Nachkommen aus unbefruchteten Eiern schlüpfen können (zb bei Arion intermedius) und ich hab was durcheinander gewürfelt. Sorry!
Zuletzt geändert von Cambria am 11.08.2019, 13:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Selbstbefruchtung

Beitragvon Rasplutin am 11.08.2019, 13:02

Cambria hat geschrieben:Da wurde tatsächlich von haploiden Nachkommen gesprochen.
Bei Schnecken scheint alles möglich zu sein!
Es gibt Schneckenarten, die sich mittels "Parthenogenese" vermehren (können): die unbefruchtete Eizelle teilt sich und dabei könnten auch haploide Nachkommen entstehen.

Das sind wahrscheinlich Sonderfälle, die nichts mit den Achatschnecken und deren Fähigkeit zur Selbstbefruchtung zu tun haben - die Selbstbefruchtung an sich ist ja schon ein Sonderfall und nur bei wenigen Schneckenarten möglich.

Hier ist was krasses über die "Neuseeländische Zwergdeckelschnecke" (Potamopyrgus antipodarum)
Male offspring production by asexual Potamopyrgus antipodarum, a New Zealand snail
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Re: Selbstbefruchtung

Beitragvon Cambria am 11.08.2019, 13:09

noch ein Nachtrag: Das war die Quelle.
http://www.heimbiotop.de/schneckenvermehrung.html

Das mit der Verschmelzung im Geschlechtstrakt hatte ich nämlich noch richtig.
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Re: Selbstbefruchtung

Beitragvon Rasplutin am 11.08.2019, 13:32

Schöner Artikel; die Autorin ist übrigens hier im Forum Mitglied, als Maike1976.
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Re: Selbstbefruchtung

Beitragvon wolf am 11.08.2019, 14:30

Huhu Cambria,
vielen Dank für Deine posts!
Bevor es gleich noch etwas komplizierter wird: hier ging es ja um "Selbstbefruchtung", und das ist eine Sonderform der geschlechtlichen Fortpflanzung. Und wenn eine Eizelle mit einer Samenzelle verschmilzt, dann kann kein haploider Keim entstehen.

Eine ganz andere Geschichte ist die "Jungfernzeugung" (= Parthenogenese) - darum ging es in diesem thread aber nicht. Da muss man/frau aufpassen, es gibt nämlich sehr unterschiedliche Formen von Parthenogenese. Die einzigen eindeutig bestätigten Fälle von Parthenogenese bei Schnecken (die mir persönlich bekannt sind), gibt es bei verschiedenen "Prosobranchia" (ich bitte die alte Klassifizierung zu entschuldigen), z.B. bei Tarebia granifera, Melanoides tuberculata und Potamopyrgus antipodarum. Dabei handelt es sich bei den genannten Fällen um eine sogenannte "apomiktische Parthenogenese", d.h. es findet überhaupt keine Meiose/Reduktionsteilung statt; die Eizellen entstehen durch Mitose und entwickeln sich zu Nachwuchs-Tieren; damit sind die Nachkommen Klone ihrer Mutter (diploid bleibt diploid - es findet keine Befruchtung statt), eine Form der ungeschlechtlichen Fortpflanzung.

Eine Parthenogenese bei Land-Lungenschnecken wurde vor einigen Jahren diskutiert, z.B. bezüglich Arion intermedius und Deroceras laeve. Nach meiner beschränkten Kenntnis ist die Diskussion inzwischen vom Tisch - man geht auch hier inzwischen von Kreuzbefruchtung sowie Selbstbefruchtung aus.

Ich habe vor einiger Zeit mal intensiv nach Informationen darüber gesucht, ob es bei Schnecken (!!) auch Formen der Parthenogenese gibt, bei denen sich aus unbefruchteten Eiern (die haploid sind) durch Mitose Nachwuchstiere entwickeln können (die dann natürlich auch haploid sind), wie es auf der "Heimbiotop"-Seite angenommen wird. Ich habe dazu leider nichts Seriöses gefunden.

Vorsicht: ich habe hier nur über die Situation bei Schnecken geschrieben - bei (z.B.) Insekten kann die Fortpflanzung noch abenteuerlichere Formen annehmen.

Für fundierte links oder Literatur-Hinweise, die meinen beschränkten Kenntnisstand (s.o.) erweitern können, wäre ich extrem dankbar.

Herzliche Grüße: wolf
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Re: Selbstbefruchtung

Beitragvon wolf am 11.08.2019, 15:54

Juhu,
ganz kurz: ich habe noch mal im Internet herumgegraben. Den Sonderfall der Parthenogenese, bei der aus (haploiden) Eizellen (natürlich ohne Befruchtung) haploider Nachwuchs resultiert (siehe "Heimbiotop"), ist von jeweils wenigen Arten von Bienen, Nematoden und Pflanzen bekannt. Von Schnecken ist da nirgendwo die Rede. Falls es das doch bei Schnecken geben sollte: bitte entsprechende links.
Quelle (u.a.): https://www.britannica.com/science/parthenogenesis
Im Abschnitt "Mechanisms" wird das erläutert.
Nu´ aber: wolf
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